" INFANTERIE GREIFT AN ! " - NEUES AUS DEM
INSTITUT JÄGER DER HEERESTRUPPENSCHULE - TRAINING
WITH BOOTS ON THE GROUND !
Das Institut Jäger ist zentrale Ausbildungsstätte für die waffengattungsspezifische Führungsausbildung der Waffengattung Jäger im Österreichischen Bundesheer. Diese Alma Mater der österreichischen Jägertruppe lehrt aber nicht wie andere Bildungsstätten meist in Hörsälen, sondern vor allem auf dem Truppenübungsplatz Bruckneudorf mit seinen zahlreichen Übungsflächen und Schießbahnen! Ich habe den äußerst ehrenvollen Auftrag, für Euch über das Institut Jäger berichten zu dürfen!
Euer Weinviertler
" REICHSGRAF VON ABENSBERG UND TRAUN "
IN BRUCKNEUDORF - DER ZWEITE JAHRGANG
DER THERESIANISCHEN MILITÄRAKADEMIE TRAINIERT
K A M P F I M U R B A N E N R A U M
Hallo liebe Kameraden!
Der Jänner des Jahres 2017 zeichnete sich
durch eine ungewöhnlich lange Kälteperiode mit grimmigen Temperaturen aus. Im folgenden Februar des Jahres
2017 scheint es, als ob General Winter schon den Rückzug antritt. Die Tage werden wieder länger, die Sonne gewinnt wieder an Kraft und
die Temperaturen nehmen schön langsam wieder Fahrt auf. Allmählich schmilzt der Schnee in der
Ortskampfanlage Angererdorf auf dem Truppenübungsplatz Bruckneudorf. Das Institut Jäger rüstet sich für das
Training zum Zukunftsthema Kampf im urbanen Raum mit dem zweiten Jahrgang
der Theresianischen Militärakademie mit dem Jahrgangsnamen "Reichsgraf von Abensberg und Traun". Das ist ein Auftrag für die Lehrgruppe 3 des Institutes Jäger,
die mit der Sonderausbildung beauftragt ist. Die Lehrgruppe 3 bildet für diesen Auftrag eine Taskforce, die routiniert mit den angehenden
Jägeroffizieren des Jahrganges zwei Wochen Training für den Kampf im urbanen Raum durchführt.
Die Theresianische Militärakademie in der Stadt Wiener Neustadt ist schon eine jahrhundertealte Konstante in unserer Militärgeschichte. Die Gründung der Akademie in der Wiener Neustädter Burg geht auf Kaiserin Maria Theresia zurück, die eine groß angelegte Militärreform in ihrem Land anordnete. Feldmarschallleutnant Leopold Joseph Graf von Daun wurde von ihr 1748 mit Entwurf und Einführung einer neuen Heeresorganisation betraut und entwarf dazu bemerkenswert rasch das Daunsche Reglement von 1749. Im Auftrag Maria Theresias errichtete er im Jahr 1751 die Theresianische Militärakademie, die bis in unsere heutigen Tage den Auftrag der Kaiserin: "Mach' er mir tüchtige Offiziere und rechtschaffene Männer draus!" als älteste Militärakademie der Welt erfüllt und die diesen Ehrennamen mit Stolz führt! Seitdem sind schon einige Jahrhunderte vergangen und tausende Offiziere in unseren drei Staatsformen ausgebildet worden! In den letzten Jahrzehnten sind auch etliche Frauen dazugekommen, denen ja seit dem Jahr 1998 alle Karrierewege im Österreichischen Bundesheer offenstehen.
Seit dem Jahr 1966 wählt jeder Jahrgang der Theresianischen Militärakademie aus mehreren Vorschlägen seinen Jahrgangsnamen selbst aus und diese alte Tradition weiterführend hat der zweite Jahrgang den Namen des Feldmarschalls Otto Ferdinand Reichsgraf von Abensberg und Traun gewählt. Der Graf trat 1696 in die Dienste des kaiserlichen Militärs und erhielt im Jahr 1712 ein eigenes Regiment.
Im Österreichischen Erbfolgekrieg besiegte er als Feldmarschall im Jahr 1743 die Spanier bei Camposanto am Panaro. Sein unumstrittenes Meisterstück lieferte Abensberg aber, als er 1744 die preußische Armee ohne eine offene Feldschlacht aus Böhmen hinausmanövrierte, wofür er mit dem Orden vom goldenen Vlies ausgezeichnet wurde. Sogar Preußens legendärer König Friedrich II der Große hat den Feldmarschall gewürdigt und ihn als seinen Lehrer der Kriegskunst tituliert!
Feldmarschall Otto Ferdinand Reichsgraf von Abensberg und Traun ist mit seinen Erfolgen
im 18. Jahrhundert einer der größten Feldherrn in der österreichischen Militärgeschichte. Auf dem im Jahr 1888 feierlich enthüllten Denkmal der Kaiserin Maria
Theresia in Wiens Innenstadt ist der Feldmarschall als einer der vier Paladine der Kaiserin zusammen mit Daun, Laudon und Khevenhüller hoch zu
Roß dargestellt!
Von der österreichischen Militärgeschichte streben wir jetzt der Gegenwart und vor allem der Zukunft zu! Seit dem Jahr 2008 leben erstmals weltweit mehr Menschen in Städten als auf dem Land und dieser Trend zur Verstädterung - Urbanisierung genannt - wird sich in den nächsten Jahrzehnten weiter fortsetzen, was die zahlreichen Speckgürtel um die großen Städte unseres Landes schon jetzt eindrucksvoll zeigen. Bei der Analyse aktueller militärischer Einsätze wie etwa in Falludscha im Irak oder im Inland beim Schutz kritischer Infrastruktur und beim Schutz der Bürger vor Terroristen stellt man rasch fest, daß Einsätze in verbautem Gebiet zunehmend an Bedeutung gewinnen! Diesen Einsatzerfordernissen folgend hat die Heerestruppenschule in gemeinsamer Arbeit aller Institute Verfahren und Gefechtstechniken entwickelt, um Einsätze im urbanen Raum durchzuführen. Die Lehrgruppe 3 des Institutes Jäger hat aus dieser gemeinsamen Arbeit ein modulartiges Ausbildungsangebot für den Kampf im urbanen Umfeld entwickelt, das die zwei Bereiche Laufbahnkurse und Fortbildung abdeckt. Die Militärakademiker des Jahrganges "Reichsgraf von Abensberg und Traun" absolvieren im Rahmen ihrer Ausbildung am Institut Jäger in Bruckneudorf Modul Basis und Modul 1.
Das Modul Basis vermittelt als Einstieg in das Ausbildungsthema
die Grundtechniken und Trupptechniken - auch in der Anwendung im scharfen Schuß. Das Modul 1 beschäftigt sich mit den Gruppentechniken - auch das wird im scharfen Einsatz geübt. Modul Basis und Modul 1 dauern im Ausbildungspaket
der Militärakademiker jeweils eine Woche und bilden
Kommandanten für die Gruppenebene aus.
Die Taskforce erweitert mit dem Einsatztraining für den Kampf im urbanen Raum den taktischen Werkzeugkasten des Kommandanten, der ja schon Gefechtstechniken für den ruralen Raum - wie der ländliche Raum bezeichnet wird - enthält, um zusätzliche Gefechtstechniken für den urbanen Raum. Gefechtstechniken sind rasch erlernbare, standardisierte Handlungsabläufe vor allem auf Truppebene und Gruppenebene, die nach dem Erlernen durch oftmalige Wiederholung drillmäßig trainiert werden.
Der Kommandant
kann mittels Anwendung dieser Gefechtstechniken seine Kräfte angepaßt an Lage und Absicht
mit ganz kurzen Kommandos
reaktionsschnell zum Einsatz bringen. Das ureigenste
Metier des Jägers ist abgesessener Kampf mit "Boots on the
Ground" und da steigen wir jetzt mit einer Gruppe in die zweite Woche des
Einsatztrainings ein! Als erste Gefechtstechnik wird das Vorgehen entlang von
Straßenzügen und in den Räumen zwischen den Häusern im urbanen Raum trainiert. Dazu sind uns ja schon seit Generationen von Infanteristen die drei
Klassiker des Infanteristen überliefert - Waffe zeigt immer in Blickrichtung, aber dabei immer an die Sicherheit der Kameraden denken und genau arbeiten
- Deckung erst verlassen, wenn die nächste Deckung schon bekannt ist - Feuerschutz durch
Feuerunterstützungselement sicherstellen!
Dazu kommen in der Ortskampfanlage Angererdorf aber noch die drei Klassiker des Infanteristen für die Bewegung im urbanen Raum hinzu - Abstand von Mauern zwischen ein und eineinhalb Meter, um die Splitterwirkung bei etwaigen Beschuß zu vermindern - Gebäudeecken immer kampfbereit in Segmenten und mit Sicherung überwinden - Immer danach trachten, vor Gebäudeöffnungen kein Ziel zu bieten!
Aufbauend auf dem Vorgehen entlang von
Straßenzügen und in den Räumen zwischen den Häusern dient die zweite Gefechtstechnik dem
Absetzen der Jägergruppe aus diesen Räumen mit wenigen Möglichkeiten, sich zu
decken, wenn der Kommandant beurteilt hat, daß ein weiteres
Verweilen in diesen Räumen taktisch nachteilig
wäre und zu vermeidbaren Verlusten führen würde. Diese Gefechtstechnik läßt sich trefflich mit drei Handlungssträngen beschreiben - Sofortige
Feuereröffnung der vordersten Jäger der Gruppe, um für kurze Zeit vor der Gruppe eine räumlich begrenzte Feuerüberlegenheit aufzubauen - Beginn des Absetzens mit dem vordersten Jäger der Gruppe in die hinterste Position des den Rücken der Gruppe Deckenden, dem
Zug um Zug alle Jäger der Gruppe folgen - Paßgenaues einzelnes Hineinziehen der Jäger in die vom Kommandanten gewählte
Deckung.
Diese Gefechtstechnik wird als Wegedrill bezeichnet und stellt in dieser Form noch
relatives Neuland im Österreichischen Bundesheer dar. Zur realistischeren Gestaltung des Einsatztrainings hat die Taskforce Vorgehen im urbanen Raum und
Wegedrill in einer Lage zusammengefügt und auch gemeinsam ausgebildet und trainiert. Mit Fortdauer des Trainings kommen dann auch noch das Bergen eines
Verwundeten und die bewährte Absetzhilfe künstlicher Nebel dazu - Bilder ab im
Angererdorf!
Der Wegedrill ist eine Gefechtstechnik, die häufig kontroversiell diskutiert wird
und da gilt es, den Sinn für die richtige Einordnung dieser Gefechtstechnik zu schärfen! Findet der Jäger in seinem Umfeld genügend Deckungen vor, so kämpft sich
die Jägergruppe überschlagend oder raupenförmig zurück. Der Wegedrill hingegen ist Mittel der Wahl für den
deckungslosen Raum, um der Vernichtung zu entgehen! Beachtet - gut plazierte Feuerunterstützungselemente
helfen Wegedrill verhindern!
Die moderne Infanterie muß sich definitiv
als das Entwicklungsziel den Kampftag rund um die Uhr setzen, der dann auch
die Fähigkeit zum aktiven Nachtkampf mit beinhalten
muß. Nachtsichtfähigkeit ist zu wenig, da damit nur die Fähigkeit beschrieben wird, mit Nachtsichtmitteln
dem Gegenüber bei der eigenen Vernichtung zuschauen zu können!
Erste Schritte zu diesem Ziel einzuleitend hat man in den Jahren 2006 und 2007 etwas über 2.000 Taktische Laser - Licht
- Module für das Sturmgewehr 77 A1 angeschafft. Seit diesem Zeitpunkt bietet sich durch den Systemverbund mit der Nachtsichtbrille Lucie vor allem für
Kaderpräsenzeinheiten in der Einsatzreichweite der Lucie die aktive Nachtkampffähigkeit. Die fordernden
Bekämpfungsvorgänge mit Infrarot - Licht und Weißlicht bedürfen allerdings
des intensiven Einsatztrainings!
Zu diesem Einsatztraining gehen in die Militärakademiker in den Untergrund - genauer gesagt in ein Stollensystem, im dem völlige Dunkelheit herrscht! Im Stollensystem werden auch die Gefechtstechniken der ersten Ausbildungswoche wie Nehmen eines Ganges, Nehmen eines Stiegenhauses und Nehmen eines Raumes samt der Bekämpfung von Zielen mit Knallmunition in das Einsatztraining eingebaut. Bilder ab!
Der "Nachteil" des Berichterstatters in diesem hochwertigen Ausbildungsabschnitt
besteht darin, daß ohne Störung des Trainings nur beschränkte Möglichkeiten zum Fotografieren bestehen! Eine solche Störung des Einsatztrainings
mit gestellten Aufnahmen geht aber gar nicht, denn sowas verschlingt kostbare Ausbildungszeit! Aus diesem Grund gibt es Bilder pur aus dem
dunklen Stollensystem in Bruckneudorf!
Gesichert ist, daß beim Thema Ausstattung der Jägertruppe
für das Entwicklungsziel Kampftag rund um die Uhr beim Kapitel Fähigkeit zum aktiven Nachtkampf mit
großem Bedauern festzustellen ist, daß bei diesem Kapitel ein riesiger Aufholbedarf besteht. Und so wäre es schon höchste Zeit für eine größere Einkaufstour in Sachen einer
einsatzgerechten Nachtkampfausrüstung für die österreichische
Jägertruppe!
H Ö H E
P U N K T S C H A R F S C H I E S S E N
So wie auch beim Kampftag rund um die Uhr muß für den Soldaten auch bei jeder militärische Ausbildung das allzeit gültige Maß der Einsatz sein! Und da setzen die Einsatzerfordernisse die Richtmarke, daß unsere Truppen mit dem Einsatztraining auf den Einsatz in seiner höchsten Intensität - auf das Gefecht mit einem Gegenüber mit einer zeitgemäßen militärischen Performance gut vorbereitet werden müssen!
Ganz in diesem Sinne sieht die Taskforce dafür
als Höhepunkt des Einsatztrainings für den Kampf im urbanen Raum ein
Scharfschießen vor. Im ersten Teil des Scharfschießens werden
aus aktuellen Einsätze abgeleitete, typische Situationen in Gefechten in das Training
eingebaut. Das sind Gewinnen einer Gebäudeecke samt dem folgenden
Bekämpfen eines auftauchenden Zieles sowie rechtsseitiges aber auch linksseitiges Schießen
aus Deckungen und durch kleine Lücken im Mauerwerk, die durch Gefechtsschäden entstanden sind. Die Deckungen werden in diesem ersten Stadium des
Trainings, bei dem auch schon Bekämpfungsvorgänge im Schützenpaar geschossen werden, mit transportablen Elementen
dargestellt. In diesen ersten Teil des Schießens wollen wir jetzt reinschauen - Schießbahn frei!
Es ist wichtig, genau zu arbeiten, denn nur richtiges und auch sicheres Beherrschen der gefechtstechnischen Teilelemente des ersten Teils des Scharfschießens bildet die solide Basis für den nächsten Entwicklungsschritt, in dem gefechtstechnische Teilelemente zusammenzufügt werden und sicher im organisierten Zusammenwirken im Rahmen von Jägertrupp und Jägergruppe auf der Schießbahn trainiert werden!
Den
zweiten Teil des Scharfschießens bilden dann gefechtstechnische
Trainingsschritte wie an der ersten Station das Zurückziehen auf einem Gang
nach dem Kontakt mit dem Gegenüber. Dieser Gang wird mit farbigen
Trassierbändern dargestellt - so macht das auch die einsatzgeprüfte amerikanische Infanterie! Bei dieser Gefechtstechnik
wird der vorderste Jäger, dessen Position die Jäger abwechselnd einnehmen, zurückgeleitet und kann sich somit
voll auf seinen Feuerkampf konzentrieren. An der zweiten Station ist der uns schon bekannte Wegedrill im Rahmen einer Jägergruppe Thema. Alle
diese Trainingsschritte beim Scharfschießen werden durch intensives Trockentraining vorbereitet und erst für das Scharfschießen freigegeben,
nachdem sich die Taskforce überzeugt hat, daß alle Abläufe der Gefechtstechnik einwandfrei passen! Feuer
frei!
Auch beim Scharfschießen hat die Taskforce das Bergen eines
Verwundeten und seine Erstversorgung in der Deckung mit eingebaut. Während des Scharfschießens wacht die Taskforce stets mit Argusaugen über die
Sicherheit auf der Schießbahn mit den drei Klassikern des militärischen Schießbetriebes - die Waffe zeigt niemals auf einen
Kameraden - die Waffe wird nur zur Schußabgabe entsichert - der Finger kommt nur zur Schußabgabe an den
Abzug! So einfach entsteht sicheres Schießen!
Den krönenden Abschluß der zwei Wochen
Einsatztraining für den Kampf im urbanen Raum bildet die feierliche Überreichung der Urkunden an die Militärakademiker im Traditionsraum des Institutes Jäger -
Gratulation und Respekt für Eure Motivation und Eure Leistungen, Kameraden! Aber denkt daran - all diese Ausbildungsschritte bilden das
Startpaket in das laufende Einsatztraining all dieser Gefechtstechniken!
Zum Abschluß unseres gemeinsamen Einsatzes danke ich der Taskforce ganz herzlich für ihre kameradschaftliche Unterstützung! Diese vorzügliche und sehr angenehme Zusammenarbeit hat ganz eindeutig Lust auf jede Menge weitere, gemeinsame Projekte gemacht! Da bietet sich als nächster Artikel wie von selber
ein schönes Portrait
des Institutes Jäger an, das schon entsteht!
Zum Abschluß unseres Artikels wünsche ich allen Soldaten des
Institutes Jäger der Heerestruppenschule des Österreichischen Bundesheeres
ganz im Sinne ihres Leitspruches "Infanterie greift an!" viel Freude und Erfolg
im Dienst und im Privatleben und ganz viel Soldatenglück!
Beste Wünsche und kameradschaftliche Grüße
Euer Weinviertler