ASSISTENZKOMMANDO " UNTERE DONAU "
Einsatz beim Jahrhundert - Hochwasser 2013
an der Donau im Osten Niederösterreichs
Hallo liebe Kameraden!
Die Donau als Schicksalstrom Österreichs gewinnt in der Gegend der deutschen Stadt Passau österreichisches Staatsgebiet, welches sie dann nach 350 Kilometern Stromstrecke bei Hainburg im Osten unseres Landes wieder Richtung Slowakei und Ungarn verläßt. Der Strom durchfließt dabei Oberösterreich, Niederösterreich sowie Wien und seine Uferregionen bilden seit Menschengedenken einen besonders begehrten Siedlungsraum unserer Heimat. Die Nutzung der Donau als Verkehrsweg zum Transport von Menschen und Waren hat den Bewohnern ihrer Uferregionen Reichtum und Wohlstand gebracht. Dadurch entstanden an der Donau viele Ortschaften und bekannte Städte wie beispielsweise Linz und in Niederösterreich Melk, Krems, Tulln, Korneuburg und auch unsere Bundeshauptstadt Wien. Heute im Jahr 2013 stellt der Donauraum mit fast der Hälfte der österreichischen Bevölkerung den Hauptsiedlungsraum unseres Landes dar.
Genauso wie die Donau die Bewohner ihres Ufer reich beschenkt tritt sie aber auch in unregelmäßigen Abständen über ihre Ufer und sucht den Donauraum mit ihrem Hochwasser heim. Hochwasser verursachen Millionenschäden und fordern leider auch immer wieder Opfer bei Mensch und Tier. Der Mensch als im hoffnungsfrohen Idealfall stetig auch aus Fehlern lernendes Wesen hat seit dem 19. Jahrhundert versucht, den Raum des Stromes einzuengen, um Schaden durch Hochwasser hintanzuhalten - aber auch um neuen Siedlungsraum zu gewinnen. Die Donau aber ist ein Stück Natur mit ihren ganz eigenen Gesetzen und so erweisen sich schlußendlich manche dieser Maßnahmen, die dem Strom die Möglichkeit zur Ausdehnung in Überflutungsgebiete bei Hochwasser verwehren, als anmaßende Eingriffe eines Wesens in die Natur, das immer noch mehr von der Natur nicht versteht als es versteht!
Die Wissenschaft hat in Sachen Hochwasser den Begriff des hundertjährigen Hochwassers geschaffen. Damit wird ein Hochwasser bezeichnet, dessen Wasserhöhe - auch als Pegel bezeichnet - statistisch erfaßt in hundert Jahren nur einmal auftritt oder überschritten wird. Zur Statistik hat die Donau aber schon überhaupt kein Naheverhältnis und so wälzt sich nach dem Jahrhundert - Hochwasser im August 2002 schon im Juni 2013 das nächste Jahrhundert - Hochwasser den gesamten Donaustrom entlang durch unser Land. Zuerst wird Oberösterreich heimgesucht - dann erreichen die Wassermassen ihren Raum fordernd das Bundesland Niederösterreich! Die folgende Geschichte beschreibt den couragierten Einsatz einer Truppe des Österreichischen Bundesheeres gegen das Hochwasser im Osten Niederösterreichs - des Assistenzkommandos "Untere Donau"!
Die Würdenträger im Bundesland Niederösterreich sind ja schon hochwassererprobt und haben bei einem Donauhochwasser auch oftmals den Vorteil einer längeren Vorwarnzeit. So werden schon Anfang Juni die Einsatzorganisationen für den Hochwassereinsatz in Marsch gesetzt. Am 3. Juni 2013 erhält die ABC - Abwehrschule Lise Meitner in Korneuburg vom Militärkommando Niederösterreich den Auftrag, ein Assistenzkommando und eine Assistenzkompanie zu formieren und für Einsätze im Raum Korneuburg und im Bezirk Wien - Umgebung bereitzustellen. Das so geschaffene Assistenzkommando "Untere Donau" steht unter dem Kommando von Oberstleutnant Fritz Aflenzer und die Führung der Assistenzkompanie übernimmt Frau Hauptmann Tanja Grillitsch. Schon am 3. Juni beginnt mit der ersten Assistenzanforderung im Einsatzstab der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg der Hochwassereinsatz des Assistenzkommandos "Untere Donau"!
Erster Auftrag für die Assistenzkompanie der ABC - Abwehrschule ist die Verstärkung des Schutzes gegen
Überflutungen im Raum der Stadt Korneuburg. Der hohe Damm der Donauuferautobahn schafft ja schon Schutz gegen Hochwasser. Schwachstellen darin sind jedoch die Unterführungen der Autobahn, durch
die das Wasser der Donau in die Stadt Korneuburg eindringen kann. Eine dieser Unterführungen ist für einen Eisenbahnanschluß gebaut worden und für die größere Höhe der Züge tiefer eingeschnitten
und auch mit einem weniger steilen Anstieg in das Siedlungsgebiet ausgelegt. Am Hochwasserschutz dort werden oben zusätzliche Metallteile angeschweißt, dann das Ganze mit Big Bags sowie mit
Sandsäcken abgedichtet und schließlich noch ordentlich Gewicht in Form dreier Lokomotiven dahintergepackt. Neben dieser bahnbrechend innovativen Konstruktion stehen auch Sicherungsarbeiten an
anderen Unterführungen und Pumparbeiten am Wasserablaufsystem der Autobahn am Assistenzprogramm der Kompanie, wie unsere erste
Bilderschau zeigt!
Das Hochwasser der Donau steigt stetig weiter an und so weist das Militärkommando Niederösterreich am 5. Juni das Aufklärungs- und Artilleriebataillon 3 in Mistelbach an, eine weitere Assistenzkompanie zu formieren, die dem Assistenzkommando "Untere Donau" unterstellt wird. So stehen nunmehr die 1. Assistenzkompanie der ABC - Abwehrschule und die 2. Assistenzkompanie des AAB 3 als Einsatzkräfte zur Verfügung. Am selben Tag wird das Einsatzgebiet um die Bezirke Gänserndorf und Bruck an der Leitha bis zur Staatsgrenze im Osten hin erweitert.
In den frühen Abendstunden des 5. Juni erreicht die Donau im Bezirk Korneuburg den höchsten jemals gemessenen Pegelstand mit acht
Metern und zehn Zentimetern. Das sind um zwanzig Zentimeter mehr als beim Jahrhundert - Hochwasser 2002 und um sechs Meter mehr als der Normalpegelstand! Die 2. Assistenzkompanie aus Mistelbach
wird zu diesem Zeitpunkt vorausschauend schon stromabwärts im Süden des Marchfeldes eingesetzt, um die Dämme der Donau zu verstärken und bringt dabei mit großer Fortune tausende Sandsäcke zum
Einsatz! Der Blick im Jänner 2014 auf den Rekordwasserstand an der Mauerecke des Uferhauses in Orth an der Donau zeigt deutlich, wie wichtig es war, bei
diesem Einsatz fünfzig Kilometer voauszuplanen!
Nach der Lagebeurteilung über zu erwartende Schäden fordert der Stab des Assistenzkommandos den Rettungs- und Bergezug der 6. Jägerbrigade und den Dekontaminationszug der 7. Jägerbrigade aus der gerade laufenden Übung EURAD 13 heraus an. Diese Züge sind Bestandteile der ABC - Abwehrkompanie der ABC - Abwehrschule und in Absam sowie in Graz stationiert. Die ABC - Abwehrkompanie der ABC - Abwehrschule hat nämlich mehrere Stationierungsorte und ist eine Kaderpräsenzeinheit - das bedeutet, daß in dieser Kompanie nur Berufssoldaten und Zeitsoldaten dienen. Eine solche Kompanie ist schneller einsatzbereit und für ein breiteres Spektrum an Einsätzen ausgebildet und ausgerüstet als Einheiten, die wie im Bundesheer sonst üblich aus Kaderpersonal und Rekruten bestehen.
Wenn sich die Donau nach der großen Flut in ihr angestammtes Bett zurückzieht hinterläßt sie oft
verwüstete Häuser und fast immer riesige Mengen an Schlamm. Dieser Schlamm muß der Donau rasch zurückgegeben werden, weil er sonst aushärtet. Hauptmann Grillitsch setzt dazu mit Kenntnis und
Charme ihre 1. Assistenzkompanie ein und da freut sich auch Niederösterreichs Militärkommandant Brigadier Rudolf Striedinger, der den politischen Würdenträgern zeigt, was die Truppe alles
leistet! Die Donau führt danach aber auch jede Menge Treibholz mit sich, das die Schifffahrt gefährdet und Uferbauten beschädigen kann. Als Einsatzgerät für solche Fälle hat die 2.
Assistenzkompanie aus Mistelbach ihren Bergepanzer Greif A1 nach Hainburg fünfzig Kilometer stromabwärts mitgebracht, mit dessen Winde das Treibholz aus der Donau geborgen
und dann mit dem Lastkraftwagen abtransportiert wird.
Das Hochwasser zieht allmählich donauabwärts ab und für die Behebung der Hochwasserschäden unterstellt das Militärkommando Niederösterreich vorausplanend weitere Kräfte, sodaß sich am 12. Juni mit einem Höchststand von 698 Soldatinnen und Soldaten das Assistenzkommando "Untere Donau" wie folgt gliedert:
1. Assistenzkompanie - gestellt von der ABC - Abwehrschule Lise Meitner
aus Korneuburg
2. Assistenzkompanie - gestellt vom Aufklärungs- und Artilleriebataillon 3
aus Mistelbach
3. Assistenzkompanie - gestellt vom Panzergrenadierbataillon 35
aus Großmittel
4. Assistenzkompanie - gestellt vom Panzerbataillon 33 aus Zwölfaxing - verstärkt mit einem Assistenzzug der Flieger- und Fliegerabwehrtruppenschule aus Langenlebarn
Schweres Pioniermaschinenelement - gestellt von den Truppenübungsplätzen Allentsteig und Bruckneudorf
Rettungs- und Bergezug der ABC - Abwehrkompanie des Stabsbataillons 6
aus Absam
Dekontaminationszug der ABC - Abwehrkompanie des Stabsbataillons 7
aus Graz
ABC - & Umweltmeßstelle
Diese Einsatzkräfte sind auch dringend notwendig, um den vom Hochwasser heimgesuchten Donauuferbewohnern
wieder zurück in's normale Leben zu helfen. Besonders schlimm hat es mehrere Siedlungen im Raum Klosterneuburg und den Bereich des Strandbades Kritzendorf erwischt. Nachdem sich die Flut dort
wieder zurückgezogen hat türmen sich Schlamm, Schutt und Treibgut auf bis zu eineinhalb Metern Höhe! Brigadier Striedinger und Oberstleutnant Aflenzer planen den Einsatz von schwerem Pioniergerät
für das Freimachen der Straßen und Wege. In Phase eins wird eine Zufahrtsstraße zur Donau freigemacht, um den Schlamm wieder dorthin zurückschütten zu können. Darauf wird eine Schotterschicht
aufgebracht und um die Befahrbarkeit zu verbessern verlegen die Melker Pioniere 150 Meter Faltstraße.
Für das Entfernen der vielen Tonnen Schlamm von Straßen und Wegen braucht die Truppe die geeignete Mischung zwischen
schwerem und leichterem Räumgerät - aber auch viele Helfer mit Schaufeln und Scheibtruhen! So wie für solche Einsätze benötigt
hat die Pioniertrppe des Bundesheeres aber gerade in Zeiten knapper Kassen diese Geräte nicht. Dafür gibt es aber eine Zusammenarbeit des Landes
Niederösterreich mit dem Österreichischen Bundesheer und der Firma BMTI, der Maschinen- und Materialgesellschaft der STRABAG. Die Niederösterreichische Miliz führt dort übrigens vorausschauend
Schulungen auf den Baumaschinen durch, um rascher bei Katastrophen helfen zu können. Die übernommenen zivilen Baumaschinen werden von den Kadersoldaten der Assistenzkompanien nach kurzer
Einweisung durch die Melker Pioniere in der "Schlammschlacht" von Kritzendorf mit Schwung zum Einsatz gebracht!
Nach dem maschinellen und mühevollen händischen Freimachen der Straßen und Wege nimmt die "Schlammschlacht" von Kritzendorf ihren weiteren Verlauf. Auch um die Wiederinstandsetzung des mit Schlamm vollgelaufenen Kanalsystems und um das Einsammeln des zerstörten Hausrats kümmern sich die Soldaten. Stets kippen die Anrainer mit ihren Helfern aber neue Schlammengen von ihren Grundstücken auf die geräumten Flächen. Genauso stetig räumen aber auch etwa kompaniestarke Kräfte die Schlammberge wieder weg und befördern den Schlamm in die Donau zurück.
Nach zwölf harten Einsatztagen strebt die "Schlammschlacht" von Kritzendorf mit dem Reinigen und
Verlasten des Maschinenparks ihrem Ende zu. Bürgermeister Schmuckenschlager und Oberstleutnant Aflenzer sprechen den Soldaten im Namen der Bürger Dank und Anerkennung aus. Für Frau Hauptmann
Tanja Grillitsch hingegen gibt's ein Dankeschön der ganz besonderen Art, über das sie sich sichtlich ganz besonders freut! Nach dem gemeinsamen Handschlag von Oberstleutnant Aflenzer,
Bürgermeister Schmuckenschlager, Bezirkshauptmann Straub und Frau Hauptmann Grillitsch findet der Einsatz des Assistenzkommandos "Untere Donau" beim Jahrhundert - Hochwasser 2013 am 21. Juni 2013
sein Ende und die eingesetzten Soldaten sitzen auf ihre Fahrzeuge auf und rücken in ihre Heimatgarnisonen
ab!
Genau treffend hat der Kommandant der ABC - Abwehrschule Lise Meitner Oberst Michael Schuster sein Resümee zum Einsatz des Assistenzkommandos "Untere Donau" formuliert: "Die Mischung der Einsatzkräfte war die Grundlage des Erfolges. Dank ihrer technischen Ausstattung - bis hin zu schweren Pionier- und Baumaschinen - konnten die eingesetzten Kräfte der ABC - Abwehrtruppe und Pioniertruppe effektive und effiziente Hilfe leisten. Ebenso effektiv waren jene Soldatinnen und Soldaten, die - ausgerüstet mit Schaufeln, Sandsäcken und Scheibtruhen - hoch motiviert händisch Wasserbarierren errichteten sowie Tonnen von Sand und Müll beseitigten. Ihnen allen entbiete ich meinen Respekt und meine Anerkennung!" Diesem Resümee gilt es nur noch hinzufügen, daß nur das Österreichische Bundesheer diese Mischung der Einsatzkräfte durchhaltefähig über Wochen zum Einsatz bringen kann!
Im Nachspann des Jahrhundert - Hochwassers 2013 berichteten einige Medien, daß so mancher Bürgermeister aus seiner Parteizentrale angewiesen worden wäre, das Bundesheer zur Hochwasserhilfe nicht anzufordern! Wenn das wirklich stimmen sollte - liebe Parteizentrale - da schaut Ihr aber ultragigaalt aus gegen die jungen Leute im Marchfeld, die sagen: "Das ist unser aller Heimat - deswegen ist es unsere Pflicht, beim Hochwassereinsatz zu helfen!" Diese jungen Leute - Zivilisten genauso wie Soldaten - haben nämlich begriffen, daß wir in unserem kleinen Heimatland Österreich bei Naturkatastrophen alle zusammenhalten müssen und handeln auch danach!
Diesen Artikel über den couragierten Einsatz des Assistenzkommandos "Untere Donau" widme ich Vizeleutnant Herbert Mattes. Unser Kamerad Mattes hat als Verbindungsunteroffizier des Aufklärungs- und Artilleriebataillons 3 im Einsatzstab für seinen Verband den Informationsfluß zu seiner Heimatgarnison Mistelbach bestritten. Wenige Wochen nach seinem Einsatz hat er völlig unerwartet am 11. August diese Welt vor uns verlassen! Lieber Kamerad - die Bürger unserer Heimat danken Dir und allen Soldaten des Assistenzkommandos "Untere Donau" ganz herzlich für Euren couragierten Einsatz beim Jahrhundert - Hochwasser 2013! Diesem Dank schließe auch ich mich sehr gerne an - schicke aber zusätzlich noch ein herzliches Dankeschön an die ABC - Abwehrschule Lise Meitner nach Korneuburg für die freundliche Unterstützung dieses Artikels!
Beste Wünsche und kameradschaftliche Grüße
Euer Weinviertler