LEHRÜBUNG HINTERHALT - Teil 2
Die Infanterieschule der Bundeswehr lädt ein
und 1.400 kommen nach Hammelburg!
Als nächsten Schritt entschließt sich der Kompaniechef, mit den am Beginn der Straße bereitgestellten Teilen der verstärkten Infanteriekompanie vorzugehen und eine Sicherung entlang der Straße aufzubauen. Die beiden Jägerzüge rollen mit ihren Unterstützungskräften in einer mächtigen Staubwolke vor und gehen beiderseits der Straße in Stellung. Wiederum führen die Infanteristen den uns schon bekannten 5/25 Check durch.Nachdem die Sicherung steht, befiehlt der Kompaniechef dem für diesen Einsatz zugeteilten Route Clearance Package der US Army, die vor der Kompanie liegende Straße auf versteckte Sprengsätze abzusuchen und diese zu räumen.
Ein Route Clearance Package besteht aus verschiedenen Arten sogenannter Mine resistant Ambush protected Vehicles - was man auf Deutsch treffsicher mit minenwiderstehendes und gegen Hinterhalte geschütztes Fahrzeug bezeichnen könnte. Gemeinsam ist all diesen Fahrzeugen, daß sie eine V-förmige Wanne besitzen, die die Detonationsenergie von Sprengsätzen seitlich ablenken soll. Die Aufbauten bieten den Besatzungen Schutz gegen Handfeuerwaffen und sind gegen den Beschuß mit leichten Panzerabwehrrohren ausgelegt. Die ursprüngliche Konstruktionsidee für solche geschützten Fahrzeuge kommt aus Südafrika.
Als erstes rollt der Husky - er sieht in etwa aus wie ein Traktor - entlang der Straße vor. Seine Aufgabe besteht darin, die oft raffiniert versteckten Sprengsätze zu finden. Dazu fährt das Fahrzeug seine seitlichen Ausleger mit Bodenradar und Metalldetektoren aus, mit denen das Terrain abgesucht wird. Dem Husky folgt eines der drei im Package eingesetzten kleineren, gleichfalls geschützten Fahrzeuge RG 31, das Infanteristen transportiert, die notwendige Sicherungsmaßnahmen übernehmen. In Lauerposition fährt dann der Buffalo, der sich in Afghanistan den Spitznamen "The Claw" - die Klaue - erworben hat. Mit seinem langen Manipulatorarm, an dessen Ende eine Gabel montiert ist, ermöglicht er bei vertretbarem Risiko in exponierten Lagen das Hantieren mit gefundenen verdächtigen Gegenständen und Sprengsätzen!
Im zweiten Teil der Route Clearance Strecke befiehlt der Kommandant des Route Clearance Package seine
Infanteristen zum Absichern des Huskys nach vorne. Konzentriert suchen die Soldaten die Straße samt dem Angelände nach verdächtigen Stellen ab, die auf drohende Anschläge hinweisen. Bei einer
Baumgruppe fährt der Husky wieder nach vorne und findet auch sogleich Metallteile, die nun genauer untersucht werden müssen. Dazu wird der Buffalo vorgezogen und fährt zu der markierten Stelle
nach vorne. Dort fährt er seinen Arm aus und findet auch etwas - nämlich zwei Hufeisen! Diverse Metallgegenstände werden in Afghanistan oftmals auf oder unmittelbar neben Straßen verteilt, um die
Route Clearer mit Suchaktionen und Bergungen zu beschäftigen und so die Operationen mit einfachen Mitteln zu verzögern!
Nach dieser Aktion führt das Route Clearance Package seinen Einsatz sogleich entschlossen weiter. Der Husky wird von Kommandanten des Package wieder vorgezogen und sucht die zum Wald ansteigende Straße weiter ab. Welche Gedanken gehen dem Bediener dieses Fahrzeuges bei seinen gefährlichen Einsätzen wohl durch den Kopf? Man kann sich sehr gut vorstellen, daß bei diesem Kameraden oft ein mulmiges Gefühl in der Magengegend mitfährt! Solche Leute verdienen unsere ganz besondere soldatische Hochachtung, denn sie setzen sich höchsten Risiken aus, damit die Sicherheit ihrer Kameraden erhöht wird! Wie auch schon im vorherigen taktischen Abschnitt gesehen folgen auch diesmal weitere Fahrzeuge des Route Clearance Package und verschwinden nach und nach im Wald.
In dieser Phase setzt der Kompaniechef einen seiner Jägerzüge an, um den Randbereich des Waldstückes in Besitz zu nehmen und zu sichern. Jetzt erfährt die Lage in Sekundenbruchteilen eine dramatische Wendung! Während sich die Infanteristen mit ihren Füchsen gerade zum Vorziehen fertig machen, findet der Husky erneut einen verdächtigen Gegenstand. Sofort fährt der Buffalo zur markierten Fundstelle nach vorne und untersucht den gut getarnten Fund. Das dabei gefundene Faß wird als selbstgebauter Sprengsatz identifiziert - kurz "IED" - im Volltext "Improvised Explosive Device" genannt! Dem Kompaniechef wird sofort gemeldet, daß dieser Sprengsatz gegen ungewollte Aufnahme besonders gesichert ist. Deswegen ist eine Entschärfung mit vertretbarem Risiko nicht möglich!
Jetzt ist der Kompaniechef unter hohem Zeitdruck ganz besonders gefordert! Mitten in der Bewegung seines Jägerzuges verstärkt er diesen mit einer in weiser Voraussicht genau dafür bereitgehaltenen Pioniergruppe. Als nächster Schritt wird das Route Clearance Package aus dem Waldstück zurückgenommen. Gleich darauf bekommt der Zugführer der Infanteristen den Auftrag, im Waldstück den Einsatz der Pioniere mit seinen Jägern zu sichern. Und zuletzt wird die Pioniergruppe damit beauftragt, die offensichtliche Sprengfalle mittels einer kontrollierten Sprengung zu räumen. Einige Minuten später erschüttert eine mächtige Explosion den Truppenübungsplatz Hammelburg und ein heller Rauchpilz steigt hoch in den Himmel auf!
Wie hoch - das kann man ganz einfach durch einen Größenvergleich mit dem Fuchs der Pioniere sehen! Sogar noch aus
mehreren hundert Metern Entfernung können wir die Erschütterung deutlich spüren - nur eine dezente Andeutung des Schadens, den die zehn Kilo Sprengstoff wirklich anrichten könnten! Nachdem also
der vorderste Zug der verstärkten Infanteriekompanie das Waldstück gewonnen und gesichert hat, ist eine weitere Sicherung von der beherrschenden Anhöhe aus nicht mehr notwendig. Und so zieht der
Kompaniechef den Panzergrenadierzug von der Anhöhe ab und schafft sich damit wieder eine frei verfügbare, schlagkräftige Eingreifkraft. Wir als Berichterstatter können ganz aus der Nähe
beobachten, wie die Motoren der Marder angeworfen werden und die Schützenpanzer ihre Stellung in zügiger Fahrt verlassen!