SCHLAGKRAFT 2013 - Teil 3
Das Jägerbataillon Wien 2 "Maria Theresia"
übt Kampf im urbanen Raum und
Scharfschießen mit Unterstützungswaffen
Hallo liebe Kameraden!
Schon melde ich mich wieder vom Einsatztraining für den urbanen Kampf beim Jägerbataillon Wien 2 "Maria Theresia" auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig zurück! Über die Zwischenetappen Kennenlernen der Urbanen Trainingsanlage Steinbach, Vorgehen auf Straßen und Flächen zwischen den Häusern, Wegedrill und Wegedrill mit Kameradenhilfe für Verwundete sind wir mit den Maria Theresienjäger zum Gebäude gelangt, dessen Einnahme Auftrag des Jägerzuges ist. Der Zugskommandant des Jägerzuges bildet für das Einnehmen des Gebäudes aus seinen Kräften zum einen das Stoßelement, dem er einen sogenannten Eindringpunkt in das Bauwerk befiehlt. Aus den anderen Jägergruppen seines Zuges wird das Feuerunterstützungselement gebildet, dessen Auftrag die Feuerunterstützung des Stoßelementes durch Niederhalten des Gegners ist. Der Kommandant des Stoßelementes wählt aus seinen Kräften eine Spitzengruppe aus, die er mit dem Stoß in das Angriffsziel am Eindringpunkt beauftragt. Diieser Auftrag erfordert das Gewinnen der Fassade am Eindringpunkt, das Eindringen durch Gebäudeöffnungen und das Einnehmen zunächst mindestens eines Raumes des Gebäudes. Genauso wie diese gefechtstechnische Zerlegung dieses Auftrages gestalten die Instruktoren auch das Einsatztraining der Jägergruppe, die wir besucht haben.
Für den ersten Schritt befiehlt der Kommandant der Jägergruppe einen genau definierten Eindringpunkt - in unserem Fall das mittlere Fenster im Erdgeschoß des Hauses. Für das Gewinnen des Eindringpunktes nimmt die Jägergruppe die Gefechtsformation zum Stoß an die Fassade ein, durch die mit Möglichkeit zur Waffenwirkung mehrerer Jäger rasch eine ganze Jägergruppe an den Eindringpunkt vorrückt. Gleich hinter den ersten Jägern der Gruppe geht der sogenannte Breacher vor, dessen Auftrag die Schaffung der Zugangsmöglichkeit ist. Das vom Breacher beim Vorrücken der Stoßgruppe am Mann mitgeführte Holzstück stellt die Handramme zum Aufschlagen von Türen und Fenster dar.
Zum zweiten Schritt am Eindringpunkt empfiehlt es sich, den weiteren Handlungsablauf für die beiden Teile der Jägergruppe getrennt zu betrachten und auch zu trainieren. Die Jägergruppe gliedert sich nämlich optimal geeignet für den Kampf im urbanen Raum in zwei je vier Jäger starke Trupps - geführt jeweils vom Gruppenkommandanten und dessen Stellvertreter. Am Eindringpunkt angekommen sichert zunächst der Spitzentrupp seine unmittelbare Umgebung, während der Breacher durch in unserem Fall angedeutetes Einschlagen des Fensters die Zugangsmöglichkeit für die Jägergruppe schafft. Nachdem so der Eindringpunkt gewonnen und gesichert ist, unterstützt der Spitzentrupp das Eindringen des zweiten Jägertrupps in den ersten Raum des Gebäudes mit der altbekannten Räuberleiter.
Als dritter Schritt dringt der zweite Jägertrupp als neue Spitze mit möglichst hoher Kampfbereitschaft
möglichst rasch durch das Fenster in das Gebäude ein. Das Passieren des Fensters ist eine besondere Gefahrenstelle, da ein Gegner natürlich weiß, daß ein Angreifer diese Stelle passieren muß, um
in das Angriffsziel einzubrechen. Der erste Jäger geht nahe dem Fenster so in Stellung, daß sich möglichst große Teile des Raumes in seinem Feuerbereich befinden. Dabei meldet er die Lage im Raum
wie Feindfrei, Türen, Fenster uns sonstige kleintaktische Informationen an die anderen Jäger seines Trupps. Die Raumaufteilung der Jäger beim Einnehmen des
Raumes ist gleichfalls als Gefechtstechnik vorgegeben. So bestreiten die beiden Jägertrupps in enger Abstimmung im Rahmen der Jägergruppe die Gefechtsaufgaben Eindringen in das Angriffsziel und
Einnehmen des Raumes. Beim Einsatztraining in Steinbach werden diese drei Schritte zuerst getrennt trainiert und erst nach mehreren Trainingsdurchgängen zum taktischen Ablauf ganz wie in einem
Gefechtstechnikbaukasten zusammengefügt - so wie in unserer Bilderserie!
Wie schon gewohnt helfen die Instruktoren den Soldaten mit Feedbackrunden nach den einzelnen Trainingsdurchgängen die Abläufe der Gefechtstechniken zu verbessern. Es ist ja wohl ziemlich ungewöhnlich, in ein Haus durch das Fenster zu gelangen und so gibt es da noch etlichen Raum um besser zu werden - im wahrsten Sinne des Wortes! Tipps wie etwa - Nur die Feldschuhe gehören auf's Fensterbrett, denn da liegen die Glassplitter vom Einschlagen des Fensters - Es ist wichtig, auch am Fensterbrett möglichst kampfbereit zu sein - Oberste Priorität beim Bewegen im Raum hat eine möglichst hohe Kampfbereitschaft - stammen alle aus dem großen Erfahrungsschatz der Instruktoren mit dem Thema Urbaner Kampf! Training und Feedback wechseln sich ab und schon geht's weiter mit der nächsten Trainingsrunde - genau der richtige Weg, um besser zu werden! Dabei trainiert eine Jägergruppe auch mit CRC - Ausrüstung, denn auch bei Demonstrationen kann es zu Festnahmen von Randalierern in Bauwerken kommen!
Nachdem das Eindringen in das Gebäude geglückt ist, erfordert die Inbesitznahme des gesamten Hauses nun Zug um Zug das Einnehmen aller Räume. Dabei haben wir wieder unsere Jägergruppe bei ihrem Training für den urbanen Kampf begleitet. Dafür hat der Instruktor für uns eine Örtlichkeit ausgewählt, an der es optimale Möglichkeiten gibt, sowohl von außen als auch von innen zu beobachten. Deswegen beginnt unsere Jägergruppe ihr Einsatztraining an einer Außentür des Hauses, die auch nach außen aufgeht. Auch beim Einnehmen eines Raumes eröffnet wieder der Breacher mit seinem Part. Der Breacher schafft dabei die Zugangsmöglichkeit für die Jäger des Spitzentrupps meist durch Einschlagen einer nach innen aufgehenden Tür mit der Handramme oder durch Aufbrechen einer nach außen öffnenden Tür mit dem Hooligantool aus dem Ortskampfausrüstungssatz. In unserem Fall stellt sich der glückliche Zufall ein, daß diese Außentür wohl zum Erhalt der Bausubstanz unversperrt ist und vom Breacher lediglich geöffnet werden muß!
Dann dringt der Spitzentrupp der Jägergruppe möglichst kampfbereit durch die Außentür ein und sichert als ersten Schritt zunächst den kleinen Vorraum. Der zweite Jägertrupp wird vorgezogen und dringt genauso möglichst kampfbereit in den Raum rechts vom Vorraum ein. Das Passieren der Tür ist dabei eine besondere Gefahrenstelle, da ein Gegner natürlich weiß, daß ein Angreifer diese Stelle passieren muß, um den Raum einzunehmen. Der erste Jäger geht nahe der Tür so in Stellung, daß sich möglichst große Teile des Raumes in seinem Feuerbereich befinden. Dabei meldet er die Lage im Raum wie Feindfrei, Türen, Fenster und sonstige kleintaktische Informationen an die anderen Jäger seines Trupps. Die Raumaufteilung der Jäger beim Einnehmen eines Raumes ist auch als Gefechtstechnik vorgegeben. Nach dem Einnehmen des Raumes hat der Kommandant der Jägergruppe nun wieder die Wahlmöglichkeit, seine beiden Jägertrupps für das Einnehmen des dann folgenden Raumes entweder raupenförmig oder überschlagend einzusetzen. Wie schon beim Ansatz aus dem Vorraum entscheidet er sich für das überschlagende Verfahren und zieht den hinteren Jägertrupp für das Einnehmen des nächsten Raumes vor.
So entsteht nach und nach aus dem Schweiß einer ganzen Menge von Trainingsdurchgängen gleichsam ein infanteristischer Baukasten für den Kampf im urbanen Raum, dessen Inhalt es dem Kommandanten ermöglicht, seine Jägergruppe rasch und zielgerichtet zum Einsatz zu bringen. Den nächsten Schritt stellt dann das Zusammenwirken mehrerer Jägergruppen im Zugsrahmen dar, das dann wohl auch wieder eine ganze Menge Trainingsdurchgänge erfordert! Nach unserem ausgiebigen Besuch in der Urbanen Trainingsanlage Steinbach möchte ich nun herzlich zum Besuch der Unterstützungswaffen der Maria Theresienjäger einladen! Die österreichische Jägertruppe setzt ja trotz knapper Kassen im Österreichischen Bundesheer wohlüberlegt auf ein aufeinander abgestimmtes Paket an Unterstützungswaffen, in dem der schwere Granatwerferzug die weitreichendste Feuerunterstützung bietet.
Der schwere Granatwerferzug ist das Organisationselement des Jägerbataillons Wien 2 "Maria Theresia" für die Steilfeuerunterstützung des Bataillons. Der Zug ist Bestandteil der Stabskompanie - in der Bundeswehr übrigens als 1. Kompanie bezeichnet - und ist mit sechs schweren Granatwerfern 86 im Kaliber 12 Zentimeter ausgerüstet, die vom stets treuen Arbeitspferd Steyr 12M18 gezogen werden. Für die SCHLAGKRAFT 2013 wird gemeinsam mit dem schweren Granatwerferzug des Jägerbataillons Burgenland ein verstärkter schwerer Granatwerferzug gebildet. In dem so aufgebotenen, größeren Rahmen können beide Granatwerferzüge gemeinsam üben und auch gemeinsam das Scharfschießen auf der Schießbahn des Truppenübungsplatzes Allentsteig durchführen.
Der Granatwerfer 86 wird - den Kraftfahrer mit eingerechnet - von sieben Soldaten bedient und kann mit Sprenggranaten, Nebelgranaten und Leuchtgranaten rund 7.500 Meter entfernte Flächenziele bekämpfen, einnebeln oder ausleuchten. Die Vorderladerwaffe ist etwa 670 Kilogramm schwer und wird deshalb auf einer sogenannten Protze verlastet und mit einer Plane witterungsgeschützt transportiert. Mit händischer Munitionszufuhr durch die Mündung wird eine Feuergeschwindigkeit von sechs Granaten in der Minute erreicht, die für eine Minute auf zwölf Granaten gesteigert werden kann. Großer taktischer Vorteil des schweren Granatwerfers 86 ist, daß er mit beiden Transporthubschraubertypen des Kommandos Luftunterstützung am Außenlasthaken transportiert werden kann und dadurch mittels Airlift raumgreifende und schnelle Stellungswechsel möglich sind.
Die Bedienung des schweren Granatwerfers 86 muß ganz genau aufeinander abgestimmt im Team
zusammenarbeiten, um diese Waffe zum Einsatz zu bringen. Die Bedienung des Werfers ist aber selbst Mitglied im Team Steilfeuerunterstützung des Jägerbataillons Wien 2 "Maria Theresia"! Zu diesem
Team gehören die Beobachter vorne bei den Jägerkompanien, um das Feuer des Granatwerferzuges anzufordern und zu leiten. Mitglied im Team ist auch die Feuerleitung mit dem Auftrag, die
Feueranforderungen auf den Kampfplan des Verbandes abzustimmen und um die Daten der zu bekämpfenden Ziele an die einzelnen Werfer des Zuges zu übermitteln. Das Training unseres verstärkten schweren Granatwerferzuges richtet sich nach den Anforderungen des handhabungssicheren und zugleich treffsicheren Einsatzes im scharfen Schuß! Dazu
gehören Abprotzen und in Stellung gehen, Vermessen der Feuerstellung und das exakte und zugleich flotte Richten der Werfer nach den von der Feuerleitung erhaltenen Feuerkommandos. Wir haben das
Einsatztraining besucht und den Bedienungen des schweren Granatwerferzuges über die Schulter geschaut!
Aller Waffendrill und das gesamte Trockentraining dient der Vorbereitung auf das Scharfschießen des verstärkten schweren Granatwerferzuges - wohl der Höhepunkt der SCHLAGKRAFT 2013 für diese Truppe! Der schwere Granatwerferzug bringt dabei vier schwere Granatwerfer 86 zum Einsatz, die Sprenggranaten auf Ziele in 3,5 Kilometer Entfernung abfeuern. Bei dieser Zielentfernung beträgt die Flugzeit der Granaten dieser Steilfeuerwaffe rund eine Minute. Der erste Schuß wird traditionell wie bei jedem Schießen der Steilfeuerwaffen zu Ehren der Heiligen Barbara abgefeuert - der Schutzpatronin der Artillerie! Damit die Heilige Barbara den Artilleristen ihren Schutz auch wirklich vollkommen zukommen lassen kann, muß beim Schießen mit dem schweren Granatwerfer 86 eine ganze Menge für die Sicherheit getan werden!
Absperren einer großzügigen Sicherheitszone - möglichst wenige Soldaten am schweren Granatwerfer - Abfeuern des Werfers mit der Abzugsleine - genaues Beobachten und Beurteilen des Festschießens der Bodenplatte des schweren Granatwerfers am Beginn des Schießens - um nur die wichtigsten Vorleistungen an die Heilige Barbara anzuführen! Der Einsatzauftrag von Steilfeuerwaffen ist die Bekämpfung von Zielen, die sie von ihrer Feuerstellung aus nicht direkt sehen können. Die vorgeschobenen Beobachter jedoch haben aus ihrer Beobachtungsstelle direkte Sicht auf das Ziel und übermitteln Zielinformationen und Trefferlage an die Feuerstellung. Das gleiche Problem wie die Bedienungen des schweren Granatwerferzuges haben auch die Fotografen in der Feuerstellung - genauso keine Sicht auf den Zielraum! In einem solchen Fall hilft uns ein gut gefülltes Fotoarchiv, um auch von dort zu Anschauungszwecken das Einnebeln eines Geländeteiles durch den schweren Granatwerferzug zu präsentieren!
Zum Paket der Unterstützungswaffen der Maria Theresienjäger gehören neben der Panzerabwehrlenkwaffe 2000 BILL - mit der bei der SCHLAGKRAFT 2013 aber nicht geschossen wird - auch das überschwere Maschinengewehr M 2 und das Panzerabwehrrohr 66/79. Ohne das üsMG M 2 mit dem Kaliber 12,7 mm kann man sich schon seit mehreren Generationen die Armeen rund um den Globus nicht mehr vorstellen! Mit dieser "Jahrhundertwaffe" können leicht gepanzerte Ziele bis auf 500 Meter, Punktziele bis 1.000 Meter und Flächenziele bis auf 1.500 Meter bekämpft werden. Beim Scharfschießen kommt das überschwere Maschinengewehr heuer erstmals im Verband mit einer optischen Visiereinrichtung zum Einsatz!
Das Panzerabwehrrohr 66/79 wird in je einem Panzerabwehrzg der zweiten und dritten Jägerkompanie des
Jägerbataillons Wien 2 "Maria Theresia" als Hauptbewaffnung geführt. Panzerabwehr stellt aber nur einen Teil des Einsatzauftrages dieser vielseitigen und zugleich nur 16 Kilogramm leichten
Unterstützungswaffe mit dem Kaliber 8,4 cm dar. Mit der Hohlladungsgranate können gepanzerte Ziele sowie befestigte Stellungen auf bis zu 700 Meter bekämpft werden, die Sprenggranate hat eine
Reichweite von bis zu 1.000 Meter und mit der Leuchtgranate 74 können bis zu 2.100 Meter entfernte Geländeteile ausgeleuchtet werden. Das Combat Camera Team des Jägerbataillons Wien 2
"Maria Theresia" war beim Scharfschießen aller drei Unterstützungswaffen mit dabei und hat für uns tolle Bilder vom Schießen mit dieser "Taschenartillerie" der österreichischen Jägertruppe bei
Tag und Nacht mitgebracht!
Mit dem Nachtgefechtsschießen der Maria Theresienjäger, bei dem die Panzerabwehrtrupps mit ihren Panzerabwehrrohren 66/79 das Gefechtsfeld für die Infanteriewaffen ausleuchten, geht ein langer und ereigninsreicher Tag auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig zu Ende. Alle Schießvohaben des Tages sind von den Milizsoldaten erfolgreich und vor allem - was ganz besonders wichtig ist - sicher und unfallfrei absolviert worden! Mein ganz spezieller Dank geht heute an das Combat Camera Team unter Führung von Oberleutnant Gregor Roesler - Schmidt mit den beiden topmotivierten Fotografen Stabswachtmeister Thomas Schluet und Wachtmeister Stefan Tesch! Diese Mannschaft hat die allermeisten Fotos für diesen dritten Teil des Artikels über die Verbandsübung SCHLAGKRAFT 2013 zusammengetragen - vielen herzlichen Dank, Kameraden!
Training von Gefechtstechniken und Scharfschießen dienen im infanteristischen Gesamtpaket der österreichischen Jägertruppe mit Taktik und Einsatzrichtlinien durchdacht zusammengeführt dazu, Einsätze erfolgreich durchführen zu können und dabei auch in Gefechten bestehen zu können! Genau dieser Systematik folgend zieht das Jägerbataillon Wien 2 "Maria Theresia" im vierten Teil unseres Artikels über die SCHLAGKRAFT 2013 in die "Lage Steinbach"!
Ich freue mich schon auf ein Wiedersehen beim Jägerbataillon Wien 2 "Maria Theresia"!
Und so schließe ich mit dem genau passenden neuen Wahlspruch - "Haben herzhaft agiert, alles bedacht und alle Kräfte angespannt!"
Beste Wünsche und kameradschaftliche Grüße
Euer Weinviertler